Skiwochenende im Osterzgebirge
Um es vorweg zu nehmen. Es gab keine Brüche. Weder an Stock und Ski noch an Arm und Bein. Aber nicht nur das ist die gute Nachricht vom Skiwochenende im Osterzgebirge. Lag die Unversehrtheit des Materials in den letzten Jahren immer daran, dass es im Skikeller blieb, weil wir Schnee nur aus alten Filmen und Erzählungen der älteren Generation kannten, hatte Gabi am zurück liegenden Wochenende alles perfekt bereitet: Herrliches Wetter, tolle Loipen, hervorragende Betreuung in und neben der Spur und natürlich allerbeste Stimmung.
Aber der Reihe nach. Nach dem Bezug des für alle neuen Quartiers im Wildpark Osterzgebirge (Was wäre ein besserer Ort für uns als ein Wildpark?) teilte sich die Reisegruppe in ein Ski- und ein Winterwanderteam.
Kurz vor dem Start erinnerte ich mich an meine Furchtfantasien aus dem Jahr 2011, in dem ich mich das erstemal auf dieses Wagnis einließ. Und für den Moment eines aufblitzenden Nordlichts war sie wieder da. Die Angst vor dem Versagen und die Ungewissheit, ob ich in der Runde der Durchtrainierten, Muskelgestählten und Ausdauerhühnen wohl bestehen könnte. Würden meine Kräfte reichen und könnte mein Material den Extrembelastungen standhalten? Ich sah mich schon wie Juha Mieto in den Siebzigern durch die Wälder stapfen, um mit jedem gewichtigen Schritt weiter in den Schnee einzubrechen. (Ich glaube, das Wort STAPFEN ist nur für Juha Mieto erfunden worden.) Aber egal, mit der Silbermedaille wäre ich an diesem Tag mehr als zufrieden gewesen.
So ging es auf dem Parkplatz der Bergwacht in Altenberg los. Die Tour begann mit einer Runde auf der Scharspitzloipe, einem Teilstück, dass einem Standardskiläufer unter normalen Umständen als Tagesausflug vollkommen gedient hätte. Streckenführer und Motivator Matthias brachte es aber fertig, dass wir alle die Straßenseite wechselten und uns im Kahleberggebiet mehr und mehr Loipenkilometer unter die Ski nahmen. Kurz noch eine Runde um den Pöbelknochen und zurück zum Zwischenziel nach Cinovec. Mittagessen!
Wir sind bei unseren tschechischen Nachbarn und was esse ich da? Na klar: eine ordentliche Portion Gulasch mit Knödeln. Außerdem -wir waren bis dahin schon 14 Kilometer unterwegs- füllte ich meine Elektrolyte mit Hilfe von isotonischen Sportgetränken wieder auf.
Nach dieser Pause ging es auf den Heimweg. Nicht jedoch, ohne noch einen kurzen Abstecher auf den Kahleberg zu machen. Stimmt schon. Wenn die Muskeln einmal warm sind, können sie uns auch auf den Gipfel tragen. Gipfelfoto. Ab diesem Moment hatte ich blassfarbene, leicht überstrahlte Kindheitserinnerungen. Fühlt sich so die Höhenkrankheit an? Lebte ich überhaupt noch? Jedenfalls meine ich mich zu erinnern, dass ich auf meine alle 400 Meter gestellte Frage wie weit es noch bis zum Ziel sei, alle 400 Meter die Antwort bekam: \’Nur noch über diesen Hügel und dann sind wir bald da.\‘ Mit normal durchblutetem Hirn hätte ich auch selbst darauf kommen können, dass ich zwölfmal die selbe Antwort bekomme, wenn ich zwölfmal die selbe Frage stelle.
Nach 24,5 Kilometern wusste ich es sicher. Ich hatte an diesem Tag verwachst. Fred, der es nicht mehr mit ansehen konnte, schenkte mir für die letzten 1500 Meter das Gefühl eines gleitenden Ski und quälte sich selbst mit meinen Latten den Rest der Strecke mit kräftigem Doppelstockschub den Berg zum Ziel hinunter.
Mit etwas Abstand und wieder gewonnener Kraft erkenne ich, dass es ein toller Skitag war. Meine beiden Helden an diesem Tag waren Arian und Gunnar, die praktisch ohne den Anflug einer Schwächephase und ohne Murren diesen Kanten mit Bravour bezwungen haben.
Das gemütliche Beisammensein mit Liederbuch und das sonntägliche \’Auslaufen\‘ will ich nicht unerwähnt lassen.